Einleitung

Zwei Fürstentümer – sehr unterschiedlich in Größe, Untertanenzahl, wirtschaftlicher und politischer Macht und Bedeutung – schließen 1803 einen umfangreichen Staatsvertrag ab: Das 1792 königlich preußisch gewordene Fürstentum Brandenburg-Ansbach und das Fürstentum Hohenlohe-Schillingsfürst.

Jahrhundertelang war zwischen diesen beiden Nachbarn vieles ungeregelt und Gegenstand andauernder Zwistigkeiten. Über einzelne kleinere Bereinigungen kam man nicht hinaus; der „Große Wurf“ wurde gar nicht erst versucht. Jetzt auf einmal.

Auf einer Seite der Nachbarschaft stand plötzlich nicht mehr nur das Markgraftum Brandenburg-Ansbach, sondern das viel größere, und mit Freiherr von Hardenberg als Verhandlungsführer, auch das modernere Preußen.

Standen sich jetzt nicht die beiden Vertragspartner „Macht“ und „Ohnmacht“ einander gegenüber. Konnten unter solchen Vorzeichen die gegenseitigen Interessen angemessen ausgeglichen werden?

Preußen war bestrebt, seine 1792 neu gewonnene fränkische Provinz, das Markgraftum Ansbach (und Bayreuth), in ein geschlossenes Territorium ohne fremde Herrschaftsrechte und fremde Untertanen umzuwandeln.

Ausschnitt aus der „Großen Vetter-Karte“ von 1730
Das markgräfliche Vogtamt Leutershausen zwischen Hohenlohe-Schillingsfürst und dem Eichstättischen Amt Wahrberg-Herrieden. Die eingezeichneten Grenzen sind lediglich Fraisch- (Hochgerichts-) Grenzen. „Geschlossene“ Territorien gab es damals noch nicht.
(Staatliche Bibliothek Ansbach, Sonderbestände, Altkartenbestände, XIV f)

Hohenlohe-Schillingsfürst gehörte zu den Fürstentümern, mit denen eine vertragliche Bereinigung glückte. Nicht verhandlungswillige Nachbarn sahen sich schnell preußischen Gewaltmaßnahmen ausgesetzt. Mit diesen setzt sich die Literatur ganz überwiegend auseinander und kommt zu entsprechend negativen Urteilen. Das eigentlich allseitig wünschenswerte Bereinigen der grotesken Vermischungen wird kaum gewürdigt; der Vertrag Preußens mit Hohenlohe-Schillingsfürst wird, wie auch die übrigen Verträge mit Benachbarten, allenfalls mit wenigen Zeilen erwähnt.

Aus preußischer Sicht war die Landespurifikation mit Schillingsfürst sicher eine „kleine Sache“ – wenngleich mit Vorbildcharakter. Das Fürstentum Hohenlohe-Schillingsfürst rettete sich damit vermutlich vor einem Staatsbankrott

1797 mit einem Vorvertrag begonnen, 1803 der endgültige Vertrag ratifiziert, 1804 die neue Landesgrenze versteint – die neu geregelte Nachbarschaft wurde bald von größeren Ereignissen „überrollt“: Napoleonische Kriege, Säkularisation und Mediatisierung, Ende des Alten Reiches, Rheinbund. Beide Vertragspartner wurden 1806 bayerisch. Der Vertrag und die neue Landesgrenze drangen in den wenigen Jahren nicht nachhaltig in das Bewusstsein der Bevölkerung. Heute sind diese Ereignisse nahezu unbekannt.

Dargestellt werden die vor dem Landesvergleich bestehenden Vermischungen, Irrungen, Ungeregeltheiten und Streitigkeiten, dann die umfassenden Neu-, Übergangs- und Ausnahmeregelungen mit der Untersuchung, ob hier zwischen den beiden ungleichen Vertragsparteien ein fairer Ausgleich gelang und schließlich der Verlauf der neuen Landesgrenze auf der Kartengrundlage der bayerischen Uraufnahme von 1827.

Bewusst werden möglichst alle vorkommenden Namen genannt, nicht nur die der maßgeblichen Akteure, weil viele heute noch bzw. bis vor wenigen Generationen in dieser ländlichen Gegend vorkommen.